Die gesetzliche Erbfolge
Hat ein Verstorbener zu Lebzeiten kein Testament aufgesetzt, in dem die Verteilung des Nachlasses auf bestimmte Erben schriftlich fixiert wurde, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Die Erbfolge ist hierarchisch in Erben erster, zweiter und dritter Ordnung strukturiert.
Erben der 1. Ordnung
Zu den Erben erster Ordnung gehören:
- Ehepartner oder Lebenspartner des Verstorbenen
- Kinder des Verstorbenen
- Enkelkinder des Verstorbenen
Enkelkinder sind nur dann gesetzlich erbberechtigt, wenn auch die Kinder des Verstorbenen nicht mehr leben. Ebenso verhält es sich mit Neffen und Nichten des Verstorbenen, die zu den Erben der 2. Ordnung gehören. Sie werden nur dann gesetzliche Erben, wenn auch keine Geschwister des Verstorbenen mehr leben.
Die nachfolgende Grafik veranschaulicht die gesetzliche Erbfolge.
Ehepartner und Lebenspartner als Erben
In der Erbfolge der Verwandtschaft werden weder Ehepartner noch Lebenspartner berücksichtigt. Gesetzliche Regelungen für Ehepartner sind im Paragraf 1931 des Bürgerlichen Gesetzbuches verankert. Dort ist geregelt, dass dem Ehepartner des Verstorbenen neben Verwandten der 1. Ordnung ein Viertel, und neben Verwandten der 2. Ordnung die Hälfte des Erbes zusteht. Für eingetragene Lebenspartner ist die gleiche prozentuale Verteilung des Erbes gegenüber Verwandten 1. und 2. Ordnung geregelt. Hier gilt der Paragraf 10 Erbrecht des Lebenspartnerschaftsgesetzes.
Was kann zur Erbschaft gehören?
Grundsätzlich können sowohl sogenannte Aktivvermögen als auch Passivvermögen Teil einer Erbschaft sein. Zu Aktivvermögen gehören beispielsweise Bargeld, Sachgüter und auch Immobilien. Eventuelle Schulden des Erblassers werden als Passivvermögen bezeichnet. Da Schulden somit ebenfalls vererbt werden können, empfiehlt sich vor dem Antritt des Erbes eine Prüfung auf Schulden.
Erbschein beim Nachlassgericht beantragen
Der Erbschein ist ein Dokument, das vom Nachlassgericht ausgestellt wird. Im Erbschein sind die Erben des Nachlasses dokumentiert. Der Erbschein ist von großer Wichtigkeit für die Erledigung von Formalitäten nach dem Todesfall des Erblassers, weil das Dokument die Erben zur Durchführung von Rechtsgeschäften berechtigt, die den Nachlass betreffen.
Beantragung des Erbscheins
Der Erbschein muss beim zuständigen Nachlassgericht, bei dem der Verstorbene gemeldet war, beantragt werden. Erst nach der Beantragung kann das Dokument an den Erben ausgestellt werden. Es kann vorkommen, dass der Erbschein wieder entzogen wird. Das ist dann der Fall, wenn nachträglich ein Testament des Verstorbenen gefunden wird, in dem andere Erben eingesetzt sind, sodass die Erbberechtigung im Erbschein hinfällig wird.
Erbausschlagung
Mit dem Tod des Erblassers geht das Erbe automatisch auf die Erben über. Es ist keine ausdrückliche Annahmeerklärung erforderlich. Allerdings können die Erben das Erbe binnen einer Frist von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, an dem sie von der Erbschaft erfahren haben, ausschlagen. Die Ausschlagung erfolgt durch eine Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht – entweder dort zur Niederschrift oder durch eine notarielle Erklärung.
Wie ist die Erbreihenfolge?
Grundsätzlich haben die Bestimmungen in einem Testament Vorrang vor der gesetzlichen Erbfolge. Die gesetzliche Erbfolge greift allerdings, wenn es kein Testament gibt, oder wenn Pflichtteilsberechtigte testamentarisch enterbt werden. Die gesetzliche Erbfolge ist hierarchisch strukturiert und in Erben unterschiedlicher Ordnungen unterteilt. Entscheidend für die Reihenfolge der Erbschaft ist das Verwandtschaftsverhältnis der Erben zum Erblasser. Dabei gilt: Je näher der Verwandtschaftsgrad, desto höher fällt der Erbteil aus. So haben beispielsweise die Kinder eines Erblassers Anspruch auf einen höheren Erbteil als etwa die Großeltern des Verstorbenen.
Vermerk
Die Informationen auf dieser Seite dienen dazu, Ihnen einen Überblick zum Thema zu verschaffen. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Inhalte weder eine ausführliche Rechtsberatung darstellen noch eine solche ersetzen können.
Was ist ein Berliner Testament?
Die Ehe und das gemeinschaftliche Berliner Testament
Wer sein Testament schreiben möchte, der sollte wissen, dass es unterschiedliche Testamentsarten gibt. Eine spezielle Variante des gemeinschaftlichen Testaments ist das Berliner Testament. Dieses wird meist gemeinsam von Eheleuten aufgesetzt, die Kinder haben. Das Besondere am Berliner Testament ist, dass sich die Ehegatten in der Willenserklärung bis auf Widerruf als gegenseitige Alleinerben einsetzen. Das bedeutet: Verstirbt zum Beispiel der Ehegatte, geht das Erbe zunächst auf den Partner über.
Kind oder Kinder als Schlusserben
Dritte Personen, oftmals die Kinder der Erblasser, erben den Nachlass erst nach dem Tod des länger lebenden Ehepartners. Deshalb werden Personen, die erst nach dem Tod beider Eheleute den Nachlass erben (zum Beispiel die leiblichen Kinder), Schlusserben genannt.
Worauf sollte man bei einem Berliner Testament achten?
Wie für jedes andere Testament gilt auch für das Verfassen des Berliner Testaments, dass die Formulierungen eindeutig sein müssen, um keine Zweifel am Willen der Erblasser aufkommen zu lassen. Gerade wenn es darum geht, dass die Partner sich gegenseitig zu Alleinerben erklären, sollte dies auch ausdrücklich schriftlich fixiert werden. Fehlt die explizite, gegenseitige Erklärung zu Alleinerben, greift im Zweifelsfall die gesetzliche Erbfolge. Denn auch wenn es üblich scheint, dass sich Ehepartner im Testament bedenken, bedeutet das nicht automatisch, dass in jedem Fall eine gegenseitige Erklärung zu Alleinerben beabsichtigt ist.
Die Vorteile des Berliner Testaments
Ehepartner als Alleinerben
Das gemeinschaftliche Berliner Testament hat besonders Vorteile für Ehepartner, die im ersten Erbgang eine Erbengemeinschaft auf Grundlage der gesetzlichen Erbfolge ausschließen möchten. Denn wenn sich Eheleute im Berliner Testament zu Alleinerben erklären, geht im Todesfall des einen Ehepartners im ersten Erbgang der gesamte Nachlass auf den noch lebenden Partner über. Auf diese Art können Entscheidungen hinsichtlich der Erbschaft durch überlebende Elternteile ohne Mitspracherecht Dritter getroffen werden.
Gesetzliche Erbfolge wird ausgeschlossen
Anders verhält es sich, wenn die gesetzliche Erbfolge greift. Wird kein Berliner Testament aufgesetzt, erbt der Ehepartner lediglich 50 % der Erbmasse. Die Aufteilung der restlichen Erbmasse erfolgt unter den gesetzlichen Erben ersten Grades, dazu gehören die Kinder der Erblasser. Durch ein gemeinschaftliches Testament wird diese Erbfolge ausgeschlossen. Gerade wenn Ehepaare im Besitz einer Immobilie sind, ist das Berliner Testament vorteilhaft. Denn so wird sichergestellt, dass die Kinder ihren Anspruch auf die Immobilie erst dann geltend machen können, wenn beide Eltern verstorben sind. Vor dem Hintergrund der Erbschaftssteuer sollten jedoch die steuerlichen Freibeträge beachtet werden.
Die Nachteile des Berliner Testaments
Erben Kinder das gesamte Vermögen ihre Eltern auf einmal, kann es schnell vorkommen, dass der Freibetrag überstiegen wird. Ist das der Fall, geht damit oft ein steuerlicher Nachteil für die Kinder einher. Denn im Normalfall steht jedem Kind pro Erbfall eines Elternteils ein Freibetrag von 400.000 Euro zu, also insgesamt 800.000 Euro steuerfrei. Das ist beim Berliner Testament anders. Denn zunächst erbt der längerlebende Alleinerbe bzw. Ehepartner das Gesamtvermögen. Erst nach dem Tod des zweiten Elternteils erben die Kinder. Da diese also nur einmalig erben und nicht im Todesfall beider Eltern, kann ihnen ein Freibetrag von 400.000 Euro verloren gehen.
Berliner Testament: Pflichtteil vom Erbe für die Erben
Das Erbe in der Ehe
Verfassen Ehegatten ein Berliner Testament, setzen sie sich gegenseitig als Erben ein. Verstirbt ein Ehegatte, geht das Erbe auf den überlebenden Partner über. Das bedeutet für die Kinder, dass diese erst dann erben, wenn auch der zweite Ehepartner verstorben ist.
Wenn ein Kind den Pflichtteil vom Erbe erben möchte
Es kann vorkommen, dass Kinder nach dem Tod des zuerst verstorbenen Elternteils das Recht auf ihren Pflichtteil vom Erbe einfordern. Das kann für den noch lebenden Ehepartner finanziell schwierig werden. Beispielsweise dann, wenn der Pflichtteil vom Erbe nur aus dem Erlös einer Immobilie bezahlt werden kann und der noch lebende Ehepartner in dieser Immobilie wohnt.
Pflichtteil vom Erbe bei Strafklausel im Berliner Testament
Daher ist eine Strafklausel oft Bestandteil eines Berliner Testaments. Die Strafklausel soll Kinder davon abhalten, ihren Pflichtteil vom Erbe einzufordern, bevor der zweite Elternteil verstirbt. Fordern Kinder dennoch ihren Pflichtteil vor dem Tod des zweiten Elternteils ein, enterben sie sich in gewisser Weise selbst, und zwar aus folgendem Grund: Fordert ein Kind vor dem Tod des zweiten Elternteils seinen Pflichtteil vom Erbe ein, bekommt es lediglich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, wobei das Kind nach dem Tod des zweiten Elternteil als Schlusserbe Anspruch auf den gesamten Nachlass gehabt hätte.
Ehegattentestament verfassen
Möchten Eheleute ihren Nachlass im Rahmen eines Berliner Testaments regeln, können Sie dieses von einem Notar aufsetzen lassen. Kümmert sich ein Notar darum, das Ehegattentestament aufzusetzen, handelt es sich um ein sogenanntes öffentliches bzw. notarielles Testament. Dieses hat den Vorteil der Rechtsberatung, Rechtssicherheit und der amtlichen Verwahrung durch den Notar.
Der letzte Wille in einem Berliner Testament kann auch von den Eheleuten selbst schriftlich fixiert werden. In diesem Fall handelt es sich um ein privates Testament. Es reicht, wenn einer der Ehegatten den genauen Inhalt der Willenserklärung leserlich niederschreibt. Die Formvorschriften für das Testament müssen jedoch gewahrt bleiben, sodass dieses handschriftlich verfasst, datiert und von beiden Eheleuten unterschrieben werden muss. Ist die Willenserklärung mehrseitig, sollte jede Seite durchnummeriert und unterschrieben werden.
Was passiert mit einem Berliner Testament bei Scheidung?
Das Berliner Testament ist für beide Eheleute verpflichtend. Das gemeinsame Testament wird allerdings unwirksam, sobald eine Ehe geschieden wird.
Vermögen & Erbschaftssteuer
Muss das Erbe versteuert werden?
Erbvermögen muss generell versteuert werden. Doch es gibt bestimmte Freibeträge. Ehepartner müssen ihr Erbe nur dann versteuern, wenn der Vermögenwert des Erbes 500.000 Euro überschreitet. Bei Kindern liegt der Freibetrag bei 400.000 Euro. Die Kinder der Erblasser erben in der Regel nur einmal und dann, wenn beide Ehepartner verstorben sind. In diesem Fall gilt der Freibetrag. Es kann vorkommen, dass im einmaligem Erbfall nach dem Tod beider Eltern die Erbsumme den Freibetrag für die Kinder übersteigt. Ist das abzusehen, kann die Erbschaft auf zwei Erbfälle verteilt werden, um den Freibetrag nicht zu übersteigen. Der Anspruch auf den Freibetrag besteht einmal in 10 Jahren.
Erbe und allgemeine Freibeträge
- Ehegatten, Lebenspartner: 500.000 €
- Kinder: 400.000 €
- Enkel: 200.000 €
- Eltern und Großeltern: 100.000 €
- aus Steuerklasse II: 20.000 €
- aus Steuerklasse III: 20.000 €
Vermerk
Die Informationen auf dieser Seite dienen dazu, Ihnen einen Überblick zum Thema zu verschaffen. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Inhalte weder eine ausführliche Rechtsberatung darstellen noch eine solche ersetzen können.